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12/15/2012

2. Kapitel

ZURÜCK IN INDIEN

Herzallerliebste Summer,
Du glaubst nicht, wie sehr Du mir fehlst. Jede Blume, sei es die Schönste in ganz Indien, duftet nicht halb so gut wie Du. Die Sonne gibt mir nicht annähernd die Geborgenheit, die ich an jedem Tag bei Dir fand. Und seitdem ich das allererste Mal in den Genuss Deiner strahlend blauen Augen gekommen bin, traf ich hier in Indien auf nichts Ebenbürtiges. Du bleibst in meinem Herzen; Du bist mein Herz. Auch die zehn Tausend Kilometer Entfernung, die uns körperlich voneinander trennen, können niemals unsere emotionale Nähe brechen. Nimm die Gram von Deinem Herzen und verzeih mir. Du weißt, dass ich England nicht freiwillig verlassen habe. Zwar haben wir uns geschworen, den anderen niemals in Stich zu lassen, aber ich habe Dir erklärt, wie meine derzeitige Situation ist. Ich werde so schnell wie möglich versuchen, wieder nach England zurückzukehren. Antworte mir, bitte.
Dein Raj

»Ist das dein Ernst, großer Bruder?«, brüllt Yash. Er überfliegt meinen Brief nun schon zum dritten Mal und schüttelt entsetzt den Kopf. »Hat dich das Auslandsjahr in England zum Weichei mutieren lassen? Was hat man dir gegeben? Wabbligen Wackelpudding oder rosa Zuckerwatte? Scheiße man!« Yash fährt sich aufgeregt durch das dichte schwarze Haar. »Weißt du, was wir am besten machen?«
     Ich wälze mich in meinem Bett und gebe keinen Laut von mir.
     »Ich zerreiße den Scheiß jetzt.«
     »Nein!«, murmele ich, doch zu spät. Mein kleiner Bruder hat meinen Brief bereits entzweigerissen. Ich springe aus meinem Bett, packe ihn am Kragen und hebe die Faust, mit der Absicht ihm ein hübsches Veilchen ins Gesicht zu pflanzen. »Was glaubst du, wer du bist, hm?«
     Yash hält seine Augen fest geschlossen. Wie gerne ich ihm diesen Schlag verpassen wollte. Dieser Faulpelz, der niemals auch nur einen Finger gekrümmt und immer alles von Vater und Mutter in den Hintern geschoben bekommen hat, weiß nicht, wie lange ich an dem Brief saß. Zu gerne hätte ich ihm die Faust verpasst, um klarzustellen, wer von uns beiden der ältere Bruder ist. Aber dann meldet sich wie immer mein Gewissen und ich lasse meine Hand sinken. Yash klatscht.
     »Das ist doch schon mal ein Fortschritt! Ich habe dich aus dem Bett gekriegt.«
     »Glückwunsch«, murmele ich brummig. Tatsächlich bin ich verblüfft, dass es Yash letztendlich doch gelungen ist, mich aus dem Bett zu bekommen. Seit meiner Landung in Mumbai vor einer Woche habe ich mich in meinem Bett verschanzt. Ich wollte nicht zurück nach Indien, sondern in London bei meiner Summer bleiben. Nur waren meine Eltern strikt dagegen gewesen, dass ich noch länger in England blieb. Das Land habe meine Sinne verwirrt, meinten sie. Was für ein Stuss. Es ist eher das allerbeste Jahr meines gesamten Lebens gewesen. Die Liebe ist in meinem Leben getreten. Sie ist das Allerschönste, was mir je passieren konnte. Und nun werde ich mit aller Gewalt von ihr getrennt.
     »Äh, könntest du meinen Kragen in Frieden lassen. Gerade er kann gar nichts dafür, dass du dich so miserabel fühlst.« Ich werfe Yash einen niederschmetternden Blick zu. »Wär außerdem nicht schlecht, wenn du dir mal die Zähne putzten würdest. Uääh ist doch kaum auszuhalten!« Ich versuche, ihn am Hinterkopf zu erwischen. Er ist schneller, duckt sich und eilt zur Tür. »Es gibt Paneer Bhurji zum Frühstück. Ich würde mich beeilen, wenn ich du wäre.«

Ich knöpfe mein weißes Hemd zu und schnüffle an dem Shirt, das eine ganze Woche wie eine zweite Haut an mir geklebt hat. Und scheiße man! Yash hat verdammt recht gehabt. Ich muss die ganze Zeit über wie ein wandelnder Stinkstiefel gerochen haben. Angewidert werfe ich das muffige Shirt in eine Ecke und ziehe die schweren Rollläden hoch, die mir an jedem helllichten Tag, Dunkelheit beschert haben. Augenblicklich durchfluten Sonnenstrahlen mein Zimmer und vertreiben die Finsternis.
     »Raj!«, höre ich Yash von unten schreien.
     Ich eile zur Tür, mache aber auf dem Absatz kehrt und betrachte mein Zimmer. Mein Tisch, auf dem Dutzende Zeichnungen von Summer weilen, die bei jedem Windstoß aufgewirbelt wurden; mein gewaltiges Bett, das so unordentlich ist, als hätte ich über Nacht versucht, es auseinanderzunehmen. Nur Palash, unser Diener, wagt es, mein Bett zu zähmen. Letztens waren meiner kleinen Schwester Anjali die Sicherungen durchgebrannt, als sie versucht hatte, mein Bett zu beziehen. Ich hatte sie ja gewarnt …
     »Raj!«, grölt es von unten, aber ich antworte nicht.
     Ich starre auf das Poster der Kolkata Knight Riders über meinem Bett. Das Klebeband hält nur noch an zwei Enden, sodass das Poster bei jedem Windzug zu tanzen beginnt. Seit über drei Jahren sind die Kolkata Knight Riders mein Lieblingscricketteam. Und noch immer würde ich alles dafür tun, den Inhaber Sharukh Khan höchstpersönlich zu treffen. Seien wir doch mal ehrlich. Dieser Mann hat dieses besondere Flair, das es einen unmöglich macht, ihn zu hassen, nicht?
     Verdammt. Ich bin wirklich wieder zurück.
Es fühlt sich für einen Moment sogar so an, als sei ich nie wirklich weg gewesen. Doch sobald ich an Summer Hall denke und ein unsäglicher Schmerz in mein Herz fährt, weiß ich, dass meine Zeit in London keine bloße Illusion gewesen ist.
     »RAJ!«
     Ich zucke zusammen und werfe der Tür einen grimmigen Seitenblick zu. »Ich komm ja schon!« Langsam trabe ich die Treppenstufen hinab. Im Empfangssaal angelangt, läuft mir Palash entgegen. Seitdem ich denken kann, arbeitet er im Dienste der Kapurs.
     »Ah, Kumar (die Bezeichnung eines jungen Herren) Raj! Seit wann sind Sie wieder zurück?«
     »Palash, altes Haus«, sage ich und zerzause ihm die nach hinten gekämmten Haare, »ich bin schon seit einer Woche wieder in Bandra. Gerade du müsstest das doch wissen.«
     »Nein, Kumar. Sie verstehen mich falsch.« Palash glättet die Falten in seinem weißen Kurta (ein einfaches, traditionelles Kleidungsstück aus Baumwolle für Männer) und schmunzelt. »Ich meine, seit wann Sie wieder bei Bewusstsein sind.«
     »Ha, ha. Sehr witzig«, sage ich und klopfe Palash unsanft die Schultern. »Es gibt Paneer Bhurji zum Frühstück. Ich beeil mich besser, sonst bleibt mir bei dem Nimmersatt Yash nichts mehr übrig.« Als ich schon einige Schritte in Richtung Esszimmer gelaufen bin, murmelt Palash:
     »Blass geworden ist der Kumar ja schon …«
     »Das habe ich gehört!«, rufe ich und werfe Palash einen amüsierten Blick zu.
An dem schweren Eichentisch im Esszimmer sitzen bereits Mutter, Vater, Anjali und Yash, die sofort verstummen, als ich den Raum betrete. Vater wischt sich mit einer Serviette den Mund und lächelt.
     »Mein Sohn! Dass ich dich noch in diesem Monat wieder zu Gesicht bekomme, hätte ich nicht gedacht.«
     »In diesem Jahr eher …«, murmelt Yash. Sofort verpasst Anjali ihm einen harten Schlag auf den Nacken. »Aua, Jali! Das hat wehgetan! Du kannst mich nicht einfach so schlagen … Ich bin älter als du!«
     »Diese paar Minuten«, murmelt Anjali und schlürft ihr Masala Chai (ein indischer Tee), sichtlich unbeeindruckt von Yashs Gemecker.
     Yash und Anjali sind Zwillinge, müsst ihr wissen.
     Beide haben am selben Tag Geburtstag, dennoch erblickte Yash vor siebzehn Jahren zehn Minuten früher die Welt, was Anjali aber noch nie davon abgebracht hat, ihn herumzukommandieren, als sei sie die Ältere von beiden.
     »Setz dich doch, Raj!«, grinst Anjali. »Hab dir Paneer Bhurji auf dem Teller serviert, bevor ein gewisses Großmaul, dessen Namen ich nicht nennen möchte, alles verschlingen konnte.«
     »Anjali!«, sagt Mutter mahnend und streicht mir über den Kopf, als ich mich neben ihr niederlasse. »Schön dich wieder hier zu haben, mein Herz.«
     »Ihr müsst euch bei mir bedanken!«, ruft Yash mit vollem Mund. »Ich hätte bei dem Versuch, ihm aus dem Bett zu kriegen, fast Schläge kassiert!«
     »Die brauchst du auch …«, murmelt Anjali.
     Yash wirft ihr einen niederschmetternden Blick zu und zieht eine Grimasse. Zum ersten Mal bemerke ich seine blutverkrusteten Lippen.
     Anjali folgt meinem Blick und rollt die Augen.
     »Dreimal darfst du raten.«
     »Yash, sag mir nicht, dass es das ist, was ich denke.« Yash meidet meinen Blick und starrt reumütig auf seinen leeren Teller. »YASH!«
     »Mann, die haben zuerst angefangen, okay! Wir schlendern seelenruhig in die Kirmes, wollten uns paar Puris gönnen, und wer macht uns dumm von der Seite an? Darshan und seine bedepperte Crew! Die haben unsere Familie beleidigt, Raj! Das konnten wir doch nicht einfach auf uns sitzen lassen.«
     »Ihr hättet sie ignorieren sollen!«, entgegne ich. »Du hast mir vor meiner Abreise versprochen, keinen Scheiß zu bauen.«
     Im selben Moment schlendert Sunny in das Esszimmer.
     »Namaste Shrimati Kapur. Namaste Shriman Kapur.« Er verneigt sich, und als unsere Blicke sich treffen, hält er für einen kurzen Moment inne. »Hattest du vorgehabt das ganze Jahr durchzupennen, Mann? Ich hab mir Sorgen gemacht!« Er umarmt mich und lässt sich auf den freien Stuhl neben mich fallen. Sunny – bei den Professoren bekannt unter dem Namen Omkar Kahn – und ich kennen uns seit unserer Geburt und sind seither beste Freunde – Brüder. Ein violetter Schatten prangt unter Sunny’s rechtem Auge. »Du auch? Sunny, du?«, frage ich verblüfft. »Du hast mitgeprügelt?«
     »Isst du das noch?«, fragt Sunny. Ohne auf meine Antwort zu warten, macht er sich an meinem Teller zu schaffen. »Ich wollte die beiden Streithähne auseinanderbringen. Und wer verpasst mir ‘nen Faustschlag, hm?«
     »Tschuldigung, Alter«, murmelt Yash. »Der Schlag war eigentlich für einen von Darshan’s Leibgarde bestimmt.«
     »Hoffe das war der einzige Schlag, der danebenging, Junge«, grinst Vater und mir klappt der Unterkiefer herunter.
     »Ist das dein Ernst, Vater? Merkst du nicht wie … wie kindisch der ganze Streit zwischen den Kapurs und den Sharmas ist? Shriman Kapur und du könntet diesen Streit ein für alle Mal aus der Welt schaffen, in dem ihr euch einfach mal hinsetzt und redet. Heute waren’s blutige Lippen und blaue Augen. Morgen sind’s vielleicht die ersten Toten.« Ich erhob mich. Mutter wirft mir einen flehenden Blick zu. Ihr glaubt nicht, wie oft ich diese Diskussion mit Vater hatte.
     Immer endet sie im Streit.
Seine Argumente sind unter anderem, dass er es einfach nicht ertragen kann, dass die Sharmas sein Ansehen zerstört haben … »Ich habe keinen Hunger mehr«, sage ich und hoffe, dass mein Bauch die Lüge nicht enttarnt, in dem er jetzt knurrt. Ich stürme aus dem Esszimmer. Und gerade als ich die Treppen hochpoltern will, höre ich einen Knall hinter mir.
     Sunny ist mir gefolgt und auf dem glatten Marmorboden im Empfangssaal ausgerutscht. Ich muss lachen.
     »Raj, Mann«, stöhnt Sunny. »Sei mal ein guter Freund und hilf mir hoch.«
     »Mal?«, frage ich entgeistert. »Willst du damit behaupten, ich sei sonst kein guter Freund, oder was?«
     »Naja, naja …«
     Ich helfe Sunny hoch. Er klopft sich den Hintern und verschränkt die Arme vor der Brust.
     »Und …? Morgen Abend schon was vor?«, fragt er. Ich weiß, dass er die Frage so beiläufig wie nur möglich klingen lassen will. Wie immer verrät sein zappelnder Fuß seine Nervosität. Sunny kann mich nicht täuschen. Dafür kenne ich ihn zu lange.
      »Nicht, dass ich wüsste«, murmele ich skeptisch.
      »Super …«, sagt Sunny heiter. »Dann gehen wir am besten in dein Zimmer. Palash’s Ohren können sehr … empfindlich sein. Wenn du verstehst, was ich meine.«
     Mit einem Augenzwinkern zieht er mich die Treppen hoch.    
         
Ich lasse mich auf mein Bett fallen und beobachte Sunny, wie er mit größter Achtsamkeit die Tür schließt, einige Sekunden an ihr horcht und sich dann neben mich gesellt.
     Eine gefühlte Ewigkeit vergeht, bevor Sunny sich endlich aus seiner Starre löst und sich eine dunkle Strähne von der Nase pustet.
     »Erinnerst du dich noch an die fette Arya, die eine Klasse unter uns war?«, fragt Sunny. »Sie hatte es ein ganzes Jahr auf mich abgesehen.« Er erschaudert, doch seine aufmerksamen Augen bleiben an mir heften.
     »Aishwarya Sharma?«, frage ich und muss ein Grinsen unterdrücken. »Es hatte sie voll erwischt, Mann. Stand jeden verdammten Tag an deinem Schließfach und wollte dir etwas Spendieren. Erst ‘nen Riegel …«
     »Dann ein Happy Meal …«, seufzt Sunny.
     Ich lache und Sunny presst sich mein Kissen ins Gesicht. Langsam lässt er das Kissen wieder sinken und funkelt mich an.
     »Sei du mal ganz leise … Habe nämlich mitbekommen, dass du in England ‘ne Neue am Start gehabt hast. Ich dachte, ich bin dein bester Freund? Warum erzählst du mir so etwas nicht?«
     »Tschuldigung, Mann«, murmele ich reumütig. »Bin nicht wirklich dazu gekommen.«
    Sunny verschränkt die Arme vor der Brust und lächelt.
     »Fang an, Mann. Wer ist die Unglückliche?«
     Ich reiße ihm das Kissen aus der Hand und werfe ihn in sein feixendes Gesicht. »Sie heißt Summer – Summer Hall.«
     »Summer Hall? Du hast dir eine Europäerin geangelt?«, fragt Sunny verblüfft. »Eine Europäerin?«
     Ich ziehe eine Grimasse. »Was dachtest du denn?«
     »Keine Ahnung, Mann … Kann mich dich irgendwie gar nicht mit ‘ner Weißen vorstellen … Wie sieht sie denn aus?«
     »Sie hat das schönste Gesicht der Welt. So ein Gesicht habe ich in meinem ganzen Leben nicht gesehen. Augen blauer als der Himmel. Langes goldenes Haar, das in der Sonne einen leichten Rotstich hat … Sommersprossen, Grübchen.«
     »Oh … Eine Honigbiene also.«
     »Was?«, frage ich, verwirrt, ob es eben ein Kompliment gewesen ist oder ich Sunny jetzt eine Faust verpassen soll, weil er meine Summer beleidigt hat.
     »Ich stell sie mir wie eine Honigbiene vor. Eine süße Maus halt …« Ich entspanne mich wieder. »Und wie habt ihr euch kennengelernt?«
     Ich reibe mir den Nacken – innerlich hätte ich am liebsten aufgeschrien. Ihren Namen laut auszusprechen tut fast noch mehr weh, als ihn nur im Kopf zu hören. Mir alte Erinnerungsfetzen wieder vor Augen zu holen, die ich seit Tagen verdrängt habe ... schlichtweg unerträglich.
Summer …Unwillkürlich reisen meine Gedanken in die Vergangenheit. Summer und ich picknicken mit einigen Freunden im Hyde Park. Es ist ein schöner Tag – ein ungewöhnlich sonniger Tag für London. Summer kann gar nicht genug von der Sonne kriegen. Ihr ganzes Gesicht ist übersät mit Sommersprossen. Sie ist wunderschön und sieht so erholt aus wie lange nicht mehr. Die Krankheit ihrer Mutter hat ihr zu schaffen gemacht. Neben dem Job in der Praxis muss sie sich um ihre Mutter kümmern. Und nie hat sie sich beschwert. Nie es auch nur in Erwägung gezogen ihre Mutter in ein Altersheim abzuschieben, so wie es ihre fünf älteren Geschwister geplant haben. Meine Summer …
     »Lass mich raten, Mann! Lass mich raten!«, ruft Sunny aufgeregt und reißt mich aus meinen Gedanken. »Ihr habt euch in ‘nem Club kennengelernt, nicht?«
     Typisch Sunny. Ich schüttle den Kopf.
     »In einer Bar!«
     »Auf einer Bank«, sage ich.
     »Auf einer Bank, wo man sich hinsetzt?« Sunny verzieht das Gesicht und ich muss lachen. »Nein, Mann. Du meinst bestimmt in einer Bank, wo das Cash schmort, nicht? Sag mir bitte, dass du eine Cash Money Bank meinst.«
     »Nein, auf einer Bank in der Nähe der Waterloo-Station, Sunny. Dort habe ich sie zum allerersten Mal getroffen. Sie hatte geweint …« Ich schlucke den Klumpen in meinem Hals runter. Ihr damaliger Anblick verschlägt mir noch heute die Sprache. Ihre Tränen waren das Traurigste, was ich je gesehen habe. »An diesem Tag hatte sie von Ärzten erfahren, dass ihre Mutter an Multiple Sklerose leidet.«
     »Scheiße, Mann … Was ist Multi Plastikrose?«
     »Multiple Sklerose, Sunny!«, rufe ich aufgebracht. »Sie ist eine chronisch entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems. Gesichtsfeldausfälle oder Sprachstörungen können eine Folge sein.«
     »Krass, Mann. Und dann habt ihr beide einfach mir nichts dir nichts Nummern ausgetauscht und angefangen zu daten?«
     »Das Schicksal meinte es mal gut mit mir … Wir begannen zufällig in derselben Praxis ein Praktikum.«
     Sunny klopft mir unsanft die Schultern.
     »Das Schicksal meint es immer gut mit dir, Kumpel.«
     »Und was war jetzt mit Aishwarya?«, frage ich schnell, um vom Thema Summer abzulenken. Ich weiß nicht, wie lange ich noch stark bleibe ... Das Glück will ich lieber nicht herausfordern.
     »Sie schmeißt morgen zu ihrem achtzehnten Geburtstag eine fette Party.«
     »Sag bloß, du willst dahin, Sunny … Außerdem ist sie eine Sharma. Wenn ihre ganzen Cousins und Brüder uns sehen, sind wir tot – sogar schlimmer als das.«

     »Es ist ein Maskenball, Raj! Die werden uns schon nicht erkennen. Ich besorge uns einfach ‘n paar Halbmasken in Bandra und gut ist. Komm schon, Mann!«, nörgelt Sunny und packt nach meiner Schulter. »Weißt du, wen sie alles eingeladen hat? Die Crème de la Crème der Musikwelt … Gayatri Iyer … Nihira Joshi.«

     »Du stehst doch gar nicht auf die Musik, Sunny«, sage ich mit einem Augenzwinkern.

     »Ja gut … Zufällig sind sie auch meine Traumfrauen …« Mit einem Ruck erhebt sich Sunny und zeigt auf mich, als sei ich ein Schwerverbrecher. »Wir gehen dahin, Mann!«

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